dera®-Moderations-Blog: Conny

dera Kontraktstrategie (c) ISS Glathe

Kontraktstrategie mit Mandanten oder warum ich im Mandantengespräch als Moderatorin gefragt bin

Ein Mandant kommt zu mir, hat Streit mit der Behörde über seine Einbürgerung und beauftragt mich – soweit alles klar und einfach. Ich soll ihm zu seiner Einbürgerung verhelfen, mithilfe meiner Methoden und Techniken und Hilfsmittel (und ggf. auch ein bisschen mit der eigenen Persönlichkeit, durch ein bestimmtes Auftreten bei den „Kollegen“ in der Behörde). Juristisch gesehen, schon nicht mehr so einfach: wir dürfen keinen Erfolg versprechen. Aber darauf will ich nicht hinaus.

Im Verlaufe meiner Tätigkeit kommt der Mandant zwei oder dreimal zu einem Gesprächstermin. Wir erörtern die bisherigen Ergebnisse, legen fest, welche weiteren Hilfsmittel wir einsetzen (Schriftsatz mit neuen Kopien zum Nachweis von…). Und verständigen uns über den weiteren Ablauf – immer rollende Planung.

DOCH DANN zückt der Mandant, sozusagen schon während er seine Jacke anzieht und ich ihn freundlich verabschiede, noch ein Schreiben aus der Tasche: den Mahnbescheid eines Mobilfunkanbieters. Ob ich ihm dabei kurz einen Ratschlag geben könne…?

Ok, damit wären wir auch beim Selbstverständnis einer Rechtsanwältin, die einerseits natürlich „mal eben schnell einen Blick werfen kann“ und damit unbürokratisch hilft. ABER: Darf ich das wirklich so auf die leichte Schulter nehmen? Muss ich nicht genauer prüfen: Hier sind enge Fristen zu beachten, ggf. eine Meldung bei der Versicherung, etc. pp. Besteht die Forderung zu Recht? Was ist da in der Vergangenheit passiert? Gab es unbeantwortete Mahnungen seitens eines Inkassounternehmens?

Und damit sind wir dann auch im Kern der Kontraktstrategie (K1 und K2):

Ist dies so mit mir vereinbart worden? Muss ich an dieser Stelle nicht deutlich machen: Hierfür brauchen wir ein weiteres Gespräch, einen neuen Termin, eine neue Festlegung der Zielsetzung, der Vorgehensweise und der Hilfsmittel (nicht ganz so unwichtig, wenn das neue Projekt dann doch nicht so zwischen Tür und Angel abzuarbeiten ist: die Bezahlung meiner Tätigkeit…).

Und das Vorgehen des Mandanten ändert sich nicht. Auch beim nächsten Gespräch über das Ursprungsprojekt kommt er mit einer weiteren, neuen Zielsetzung. Jetzt geht es ihm um einen Mangel in seiner Wohnung.

Ich nenne dies ein Amöbenmandat*

— es ändert ständig seine Form und seine Inhalte, und wenn ein bestimmter Projektschritt getan ist und eigentlich ein Resümee über das Erreichte zu ziehen wäre und die weitere Planung für die nächsten Schritte anstünde, dann ist auf einmal wieder alles ganz anders. Wir sind wieder am Anfang, es gibt wieder eine neue Zielsetzung, ja und auch andere Methoden sollen einsetzt werden.

Da heißt es wachsam sein und immer wieder auf das zurückführen, was bisher Stand der Dinge war und gemeinsam geduldig eine neue Zielsetzung definieren, über die Vorgehensweise sprechen, über die Mittel…. da bin ich dann froh und dankbar, mich immer wieder an die dera-Inhalte und Methoden zu erinnern und auch ein wenig die Geduld trainiert zu haben, das auszuhalten!

* Der Ausdruck kommt von einer netten und äußerst kompetenten Kollegin hier in Bremen: Frau RAin Kindermann, die darauf jedoch keine Urheberrechte geltend macht.

dera®-Moderations-Blog: Conny

Klare Kontrakte statt plötzliches Chaos

Einige Zeit vor Abschluss meiner dera®-Ausbildung machte ich eine Erfahrung, die ich mit Euch gern teilen möchte.

Ich fuhr für eine Unternehmensberatung als Freelancer in die österreichische Provinz, um dort verschiedene Seminare auf der mittleren Führungsebene eines mittelständischen Unternehmens abzuhalten. Ich sollte in jeweils zwei Tagen über Moderation von Gruppen referieren und verschiedene Techniken beispielhaft anwenden und mit den Teilnehmern einüben. Die Veranstaltung auf dieser mittleren Ebene war eingebunden in ein Gesamtkonzept zum Aufbau einer QM-Strategie, die später in ein kontinuierliches QM-System übergeleitet werden sollte. Soweit die Zielsetzung auf der Ebene zwischen Moderator und Auftraggeber. Ich bereitete mich vor, wollte in zwei Tagen die Phasen: Problemidentifizierung, Ursachenanalyse und Hinführung zu konkreten Lösungsansätzen mit den Teilnehmern bewältigen.

Die erste Gruppe dachte, sie käme zu einer Schulung, wunderte sich über die fehlenden Tische und ließ sich nur allmählich aus einer abwartenden, teilweise skeptischen Haltung zu einer ersten Bewegung animieren.

Die Teilnehmer erarbeiteten am ersten Tag eine Übersicht über die aktuellen Probleme, sortierten einige davon als weniger „Brennende“ aus und erhielten mehr und mehr klare Aussagen, wo es gerade im Unternehmen nach Auffassung der Anwesenden „hakte“. Die daran anschließende Ursachenanalyse wurde mir dann von den Teilnehmern aber de facto verweigert. Die Aussage dazu: die Ursachen lägen immer bei „den Anderen“. Entweder „hakte“ es bei der Leitungsebene oder bei den Mitarbeitern. Und überhaupt: wenn es nicht so, sondern anders entschieden worden wäre, wenn man klarere Vorgaben gehabt hätte usw., usf. Und: „Wenn ich hier jetzt offen meine Meinung sage, dann kriege ich es hinterher ab, und das will ich nicht…“

Ich glaube, weitere und andere Details sind an dieser Stelle entbehrlich…

Die Fehler der Moderatorin aus Sicht dera lagen bei den Kontrakten: Es war nicht sauber geklärt worden, was die Zielsetzung war und die Ziele waren mit der Gruppe auch nicht abgesprochen worden. Einerseits sollte es die erste moderierte Gruppensitzung sein und andererseits ein Seminar, also eine Wissensanreicherung. Es war weiterhin nicht deutlich geworden, was mit den erarbeiteten Ergebnissen geschehen würde – war das für die Tonne? Oder würde es mit Namensnennung „veröffentlicht“ werden? Und wenn man seinen jeweiligen Vorgesetzten kritisiert hätte, was passierte denn dann mit einem danach im Unternehmen?

Der Fehler der Unternehmensleitung aus Sicht der Moderatorin: Die obere Führungsebene hätte als betroffene Gruppe bei der Vorbereitung beteiligt werden müssen. Die Einbettung der Veranstaltung in ein Gesamtkonzept hätte unternehmensweit bekannt gemacht werden müssen, mit den Informationen, die wir aus den Kontrakten (Zielsetzung, Vorgehen, Rahmen) kennen und als Basis für den Erfolg (nach dera®) kommunizieren.

Cornelia Prestin, November 2015